Über den Fechtsport

Das Wesen des Fechtsports

Die Entwicklungsgeschichte des Fechtsportes reicht bis weit vor Zorro, König Artus und Spartakus. Schon zu Beginn der Steinzeit schlugen Menschen mit Stöcken und Keulen nicht nur auf wilde Tiere, sondern auch aufeinander ein. Daraus entstand dann auch recht schnell das Verlangen, mit der eigenen Waffe geschickter umgehen zu können als der Gegner mit seiner. Schon war der Ur-Fechtsport geboren. Aber bis zu dem Sport, wie wir ihn heute kennen, lag noch ein weiter Weg.

Heutzutage geht es nicht mehr um Leben und Tod in den Gefechten, sondern vielmehr steht hier sportlich – faire Auseinandersetzung im Vordergrund. Aus dem einst blutigen Gemetzel wurde nach und nach eine Sportart mit Stil, Eleganz und aus dem Fechtsport wurde ein Synonym für Ritterlichkeit und Fairneß. Mit der Gründung der Federation International d’Escrime – kurz FIE- im Jahre 1913 wurde der Fechtsport endlich in eine Bahn gelenkt. Vereinheitlichung der Kampfregeln und Waffen ebneten den Weg für chancengleiche Wettkämpfe. Ein ungarischer Fechtmeister brachte das moderne Sportfechten mit einem knappen Satz auf den Punkt: „Nüchtern ausgedrückt ist das Fechten eine Anhäufung von Arm- und Beinbewegungen, die den Zweck haben, den Gegner unter Beachtung der Regeln auf der gültigen Trefffläche zu treffen.“ Man kann unter Einschränkungen als heute noch sagen „Treffen ohne getroffen zu werden“.

Je nach Waffenart ist hier eine bestimmte Form – sprich Konvention- vorgeschrieben, mit der die Waffe gehandhabt wird. Entsprechend ist auch die Trefffläche unterschiedlich. Im modernen Sportfechten unterscheidet man 3 Waffen: Florett, Degen und Säbel. Damit das Sportfechten zu einer der sichersten und ungefährlichsten Sportarten überhaupt geworden ist, tragen die Sportler eine spezielle Schutzkleidung. Sie ist aus Kevlarmaterial beschaffen, einem extrem reißfesten Stoff. Die Fechtmaske ist aus einem dichten Drahtgitter hergestellt, und die sehr strengen Sicherheitsbestimmungen für Fechtkleidung sind so beschaffen, dass auch bei Extrembelastungen der Sportler immer optimal geschützt ist. Großartige Stichwunden kennen wir aus unser langjährigen Fechtpraxis nicht.

Die Beurteilung des Gefechts liegt in den Händen eines Kampfrichters. Er überwacht die Einhaltung der Regeln und entscheidet über Treffer. Das wird ihm erheblich erleichtert durch eine elektrische Trefferanzeige, die das Aufkommen der Treffer farblich unterschieden meldet.

Die Fechter selbst bewegen sich auf einer Metallbahn, die 14 Meter lang und 1,50 Meter breit ist.

In einem normalen Rundengefecht hat derjenige gewonnen, der zuerst 5 Treffer beim Gegner setzen kann. Dazu haben die Fechter 3 Minuten Zeit. Ist diese Zeit um, gewinnt der Fechter, der bis dahin mehr Treffer gelandet hat. Bei Treffergleichstand wird ein Vorteil ausgelost, danach noch eine Minute gefochten. Der nächst gültige Treffer entscheidet das Gefecht. Fällt in dieser einen Minute jedoch kein weiterer Treffer, gewinnt der Fechter, der zuvor den Vorteil zugelost bekommen hat. In Kämpfen der Direktausscheidung wie zum Beispiel Finalkämpfe, wird auf 15 Treffer gefochten, die Fechter haben dazu 3 mal 3 Minuten Zeit, mit jeweils einer Minute Pause dazwischen. Bei Treffergleichstand nach Zeitablauf gelten die selben Regeln wie oben beschrieben.

Degenfechten

Wir möchten hier nur eine kleine Einführung in die "Waffenkunde" des Fechtsportes machen, daher fangen wir mit der Waffe an, die für den Laien am einfachsten zu verstehen ist, dem Degen.
Der Degen ist eine reine Stoßwaffe, wenn man beim Gegner einen Treffer setzen will, gelingt das nur, indem man zustößt. Hier ist der ganze Körper gültige Trefffläche. Auch die Konventionen des Degenfechtens sind recht einfach. Es bekommt derjenige den Treffer, der zuerst trifft. Dabei ist die Trefferanzeige wieder behilflich, denn alle später aufkommenden Treffer werden vom Gerät nicht mehr angezeigt. Wenn beide Fechter haargenau gleichzeitig treffen, wird ein sogenannter Doppeltreffer entschieden, das heißt, beide Fechter bekommen einen Punkt.

Florettfechten

Etwas anders ist es beim Florett. Zwar ist das Florett auch eine reine Stoßwaffe, jedoch die Trefffläche ist ein wenig begrenzter. Die gültigen Stellen beim Florettfechten sind Brust, Bauch und Rücken. Alles, was außerhalb dieser Stellen aufkommt, erzeugt bei der Trefferanzeige einen ungültigen Treffer. Außerdem sind die Konventionen beim Florettfechten etwas anders. Um einen Treffer auch rechtmäßig zu erhalten, muss der Fechter sich nach sehr strengen Regeln handeln. Beispielsweise muss ein Fechter, der gerade angegriffen wird, erst diesen Angriff abwehren - in der Fechtersprache heißt das parieren - bevor er seinerseits einen Treffer rechtmäßig setzen darf . Hier spielt der Kampfrichter eine wichtige Rolle, er entscheidet über die Treffer.

Säbelfechten

Die Regeln sind beim Säbel ähnlich wie beim Florett. Jedoch ist die Handhabung der Waffe und die Trefffläche eine andere. Im Gegensatz zu den anderen beiden Waffen ist der Säbel eine Hieb - und Stichwaffe, mit ihm darf man auch durch Hiebe Treffer setzen. Trefffläche ist alles oberhalb der Gürtellinie, also auch der Kopf und die Arme. Erst moderne Technik macht es möglich, auch für das Säbelfechten eine elektrische Trefferanzeige zu schaffen, so wurde das Säbelfechten erst seit wenigen Jahren auch für Außenstehende etwas interessanter. Der Säbel ist auch die einzige Waffe, die bisher nur den Männern vorbehalten war. Durch eben diese neue Technik und die immer besseren Sicherheitsbestimmungen wurde das recht harte Säbelfechten so entschärft, dass auch Frauen seit einigen Jahren mit dem Säbel fechten.

Zusammenfassung

Nach all den vielen, teilweise recht komplizierten Regeln und technischen Fragen ist der Fechtsport jedoch auch eine der vielseitigsten Sportarten. Fechten verlangt vom Sportler einen guten Beobachtungssinn, Analysefähigkeit, Geschwindigkeit bei Entscheidungen und Reaktionen, Beherrschung und Koordination der Bewegungen wie auch die Fähigkeit, sich seinem Gegenüber anpassen zu können. Viele Ärzte und Psychologen befürworten den Fechtsport, weil er zum Beispiel die Konzentration fördert und Aggressionen abbaut. Daneben kann man Fechten auch als eine Art "Schule fürs Leben" sehen. Hier wird der Sport - und Teamgeist entwickelt und gefördert. Um die Technik sauber zu beherrschen, benötigt man viel Übung. Selbstdisziplin, Hartnäckigkeit und Geduld sind Faktoren, die wichtig sind, um das Fechten in seiner ganzen Vielfalt erlernen zu können. Zu guter letzt ist das Fechten nicht nur etwas für junge Leute, im Gegensatz zu vielen anderen Sportarten kann man bis ins hohe Alter den Sport ausüben, was man deutlich daran erkennen kann, das es wie bei kaum einer anderen Sportart Turniere in allen Kategorien und Altersstufen gibt, auch für Senioren.

(aus der 2. Fechtspezifischen Sportmedizinischen Weiterbildung für Ärzte, Trainer und Physiotherapeuten am 25./26.09.99 in Dillingen/Saar)